Am 16. Dezember wurde das Strompreisbremsegesetz (StromPBG) vom Bundesrat beschlossen. Das vorrangige Ziel des neuen Gesetzes ist es, die Belastung durch die gestiegenen Stromkosten für Verbraucher zu reduzieren. Refinanziert wird es mit einer Abschöpfung der Überschusserlöse der Stromerzeuger.
Doch mit der Erlösabschöpfung wurde ein Bürokratiemonster geschaffen, das ohne Hilfestellung auf die Anlagenbetreiber losgelassen wird. Denn wie viel Überschusserlös abgeführt werden muss, muss für jede einzelne Stromerzeugungsanlage von den Betreibern selbst berechnet werden.
Das Strompreisbremsegesetz: Was steckt drin?
Laut dem neuen Gesetz werden die Stromkosten für private Abnehmer und kleine Unternehmen auf 40 ct/kWh gedeckelt, für mittlere und große Unternehmen auf 13 ct/kWh. Refinanziert wird die Strompreisbremse über die Abschöpfung der sogenannten "Übergewinne" von Stromerzeugern. Die Erlösabschöpfung gleicht die Differenz zwischen hohen Stromeinkaufspreisen und gedeckelten Verkaufspreisen bei den Energieversorgern aus (jedoch nicht zu 100 %, der Rest wird aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds finanziert). Die Stromerzeuger berechnen die Erlösabschöpfung quartalsweise selbst und überweisen den Betrag an ihren jeweiligen Anschlussnetzbetreiber, die damit die niedrigeren Erlöse der Energieversorger ausgleichen.
Bei welchen Energieerzeugern werden Erlöse abgeschöpft?
Von der Erlösabschöpfung betroffen sind Betreiber von Stromerzeugungsanlagen aus:
- Kernenergie
- Braunkohle
- Öl
- Abfall
- Wind
- Sonne
- Bioenergie
- Wasserkraft
Doch nicht alle Betreiber von Windkraft- oder Solaranlagen müssen Überschusserlöse abführen. Denn bei den Erneuerbaren Energien sind nur die Anlagen betroffen, die:
- eine Leistung von mehr als 1 MW haben und
- deren Strom über das öffentliche Netz übertragen wird
Das bedeutet, dass Betreiber, deren Anlagen in der Volleinspeisung sind, am stärksten von der Abschöpfung betroffen sind. Für Strom, der innerhalb einer Kundenanlage verkauft oder der vom Betreiber der Anlage selbst verbraucht wird, müssen keine Überschusserlöse abgeführt werden. Auch Strom, der vor der Weiterleitung ins Netz zwischengespeichert wurde, muss nicht bei der Berechnung der Übergewinne berücksichtigt werden.
Wann tritt die Erlösabschöpfung in Kraft?
Sowohl die Strompreisbremse als auch die Erlösabschöpfung treten rückwirkend zum 01.12.2022 in Kraft. Für die Erlösabschöpfung gilt zunächst eine Laufzeit bis zum 30.06.2023, danach ist laut Gesetzestext eine Verlängerung bis zum 30.04.2024 möglich. Da die Strompreisbremse für die Verbraucher jedoch mindestens bis zum 31.12.2023 gilt und ein weiterhin hohes Börsenpreisniveau absehbar ist, ist es wahrscheinlich, dass auch die Erlösabschöpfung für die Dauer der Strompreisbremse verlängert wird.
Wie funktioniert die Erlösabschöpfung bei EE-Anlagen
Anlagenbetreiber werden im StromPBG in die Pflicht genommen, ihre Überschüsse selbst zu berechnen und abzuführen. Wann aber ist ein Erlös ein Überschusserlös? Hier wird es kompliziert, denn der Betrag der Überschusserlöse ändert sich jeden Monat.
Im Folgenden beschreiben wir die Abschöpfungsmechanismen für Wind- und Solaranlagen in häufig umgesetzten Vermarktungsverträgen. Unser erstes Beispiel bezieht sich auf die am weitesten verbreitete Vergütungsart: der Verkauf von Wind- und Solarstrom innerhalb des 20-jährigen Förderzeitraums in der Direktvermarktung mit (variabler) Vergütung auf Basis des Monatsmarktwerts oder von Spotmarktpreisen. Diese Vergütungsart war besonders in den letzten Jahren im Rahmen des Marktprämienmodells üblich und wurde seit dem Jahr 2022 aufgrund der stark gestiegenen Börsenpreise auch gelegentlich in der sonstigen Direktvermarktung umgesetzt.
Abschöpfungsmechanismus 1: Geförderte Wind- und Solaranlagen mit variabler Vergütung (Spotpreis oder Monatsmarktwert)
Ein Überschusserlös liegt bei diesem Modell vor, wenn der Monatsmarktwert für Wind- oder Solarenergie über der anlagenspezifischen Abschöpfungsschwelle liegt. Die Abschöpfungsschwelle berechnet sich dabei aus dem anlagenspezifischen anzulegenden Wert und Sicherheitsaufschlägen.
Abschöpfungsschwelle =
Anlagenspezifischer anzulegender Wert
+ 3 ct/kWh („Basis-Sicherheitszuschlag“)
+ 6 % des jeweiligen Monatsmarktwerts („marktwertabhängiger Sicherheitszuschlag“)
Von der Differenz zwischen Monatsmarktwert und anlagenspezifischer Abschöpfungsschwelle müssen Anlagenbetreiber 90 % als Überschusserlös für jede im jeweiligen Monat eingespeiste Megawattstunde abführen.
Der Basis-Sicherheitszuschlag und der marktwertabhängige Sicherheitszuschlag sollen dazu dienen, die anfallenden Vermarktungskosten abzudecken. Da die Überschusserlöse an den jeweiligen Monatsmarktwerten hängen, ändern sie sich monatlich und müssen dementsprechend für jeden Monat neu berechnet werden.
Außerdem besteht eine Möglichkeit, die Abschöpfung durch einen „stundenscharfen Abschöpfungsdeckel“ zu vermindern. Dabei wird der Spotpreis stündlich betrachtet. Liegt der Spotpreis in einer Stunde unter dem oben berechneten Überschusserlös, darf für diesen Zeitpunkt der Überschusserlös auf den Spotmarktpreis abzüglich 0,4 ct/kWh begrenzt werden. Hiermit soll verhindert werden, dass in Stunden mit relativ niedrigen (aber noch positiven) Börsenpreisen ein Anreiz besteht, die Anlagen abzuregeln.
Mit der stundenscharfen Berechnung sinken somit die abzuschöpfenden Beträge im Vergleich zur Basisrechnung. Wäre die Erlösabschöpfung in den letzten 12 Monaten bereits in Kraft gewesen, wäre für eine Windkraftanlage mit 3 MW Leistung die Abschöpfung um über 10.000 Euro geringer ausgefallen.
Besondere Herausforderungen bestehen für Anlagen, die von Redispatch-2.0-Maßnahmen betroffen sind. Da Anlagenbetreiber für abgeregelte Strommengen dieselbe Vergütung erhalten wie für tatsächlich eingespeiste Strommengen, unterliegen diese ebenfalls der Erlösabschöpfung. Ganz praktisch bedeutet dies, dass in den oben beschriebenen Berechnungen abgeregelte Strommengen so berücksichtigt werden müssen (bzw. im Falle des stundenscharfen Abschöpfungsdeckels: dürfen), als wären sie tatsächlich eingespeist worden.
Neben dem hier beschriebenen Abschöpfungsmechanismus gibt es weitere Berechnungsmethoden für andere Vermarktungsformen (z.B. Fixpreis-Verträge/PPAs) und Ü20-Anlagen. Diese werden wir ebenfalls in diesem Artikel vorstellen.
Wann müssen EE-Anlagenbetreiber ihre Überschusserlöse melden?
Betreiber von Stromerzeugungsanlagen melden und überweisen ihren Abschöpfungsbetrag an den für sie zuständigen Anschlussnetzbetreiber. Stichtag dafür ist der 15. Kalendertag des fünften Monats, der auf den jeweiligen Abrechnungszeitraum folgt.
Der erste Abrechnungszeitraum ist vom 1. Dezember 2022 bis zum 31. März 2023. Die erste Meldung und Abgabe der Überschusserlöse muss also am 15. August 2023 erfolgen. Die weiteren Abrechnungszeiträume sind jedes Quartal ab dem 1. April 2023.
Des Weiteren müssen EE-Stromerzeuger bis spätestens vier Monate nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusätzliche Formulare und Informationen an ihren Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) einreichen. Dazu zählen:
- die Berechnung des Überschusserlöses sowie des Abschöpfungsbetrags
- eine Dokumentation von Annahmen und Belegen, auf deren Grundlage die Berechnung erfolgt ist
- Einspeisezeitreihen (bei stundenscharfer Korrektur)
Was passiert, wenn Anlagenbetreiber nicht oder zu spät zahlen?
Anlagenbetreibern, die den Meldepflichten nicht rechtzeitig und ordnungsgemäß nachkommen, erhalten von der Bundesnetzagentur eine feste Frist, bis zu der sie ihre Angaben und Abgaben machen müssen. Wird auch diese nicht eingehalten, kann die Bundesnetzagentur einen Zahlungsbetrag festsetzen. Dieser berücksichtigt allerdings nicht den Sicherheitszuschlag und schöpft die festgelegten Erlöse zu 100 % ab (statt 90 %). Wird auch dieser Aufforderung nicht nachgekommen, drohen empfindliche Strafen: bis zu 8% des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Umsatzes, Geldbußen und Freiheitsstrafen sind möglich.
Automatische Berechnung mittels Software
Mit der Erlösabschöpfung wurde ein neues Bürokratiemonster geschaffen, das Anlagenbetreiber von Wind- und Solarparks das Leben schwer, mindestens aber viel Arbeit machen wird. Darum hat node.energy als Marktführer für digitale Behördenmeldungen im Bereich Erneuerbarer-Energien ein neues Feature für seine Software opti.node entwickelt. Damit können Betreiber für jede Anlage die Erlösabschöpfung berechnen und mithilfe des stundenscharfen Abrechnungsdeckels minimieren. Wie auch bei anderen Meldepflichten erfolgt die Berechnung mit opti.node rechtskonform und effizient. Das spart Zeit, Geld und Ärger.