Messkonzepte für Renewables

Bevor PV- und andere EE-Anlagen an das Stromnetz angeschlossen werden dürfen, muss der Anlagenbetreiber das Messkonzept genehmigen lassen. Das ist besonders essenziell für Mieterstrom und Eigenverbrauch. Was ein Messkonzept ist, wie es erstellt wird und welche Rolle der Messstellenbetreiber spielt, fasst dieser Artikel zusammen.
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        Was ist ein Messkonzept?

        Ein Messkonzept (MK) ist eine grafische und textliche Darstellung der (Strom-) Erzeugungsanlagen, Abnehmer, Netzpunkte und Stromzähler innerhalb einer Kundenanlage. Folgende Informationen sind darin enthalten:

        • Typ und Anzahl der Erzeugungsanlagen
        • Anzahl der Abnehmer (die einen eigenen Stromzähler benötigen)
        • Anzahl der benötigten Stromzähler
        • Art der verwendeten Stromzähler
        • Ort, an dem die Stromzähler verbaut werden
        • Welche Stromflüsse die Stromzähler messen (eingehende, ausgehende oder beide)
        • Ob die Messdaten manuell oder digital ausgelesen und übertragen werden

        Das Messkonzept enthält auch Informationen, die über die reine Datenerhebung hinausgehen. Etwa welche Art der Stromnutzung geplant ist, z. B. (gewerblicher) Mieterstrom, Eigenverbrauch oder Volleinspeisung.

        Außerdem ist im Messkonzept angegeben, wie die aus- und eingehenden Strommengen miteinander verrechnet werden (sogenannte „Bilanzierungsregeln“), denn hier können auch kaufmännische Entscheidungen der Anlagenbetreiber einbezogen werden (vgl. „Welchen Nutzen hat das Messkonzept für Anlagenbetreiber?“). Auch Sonderfälle, wie z. B. die Schätzung von Strommengen statt einer Messung, müssen im Messkonzept angegeben und erklärt werden.

        Warum muss ein Messkonzept aufgestellt werden?

        Ohne die vorherige Genehmigung des passenden Messkonzepts durch den Anschlussnetzbetreiber (ANB) dürfen Stromerzeugungsanlagen, z. B. PV-Anlagen, nicht an das öffentliche Stromnetz angeschlossen werden. Denn für die erzeugten und verbrauchten Strommengen müssen Betreiber, laut EnWG und EEG, Abgaben, Umlagen und Steuern zahlen – erhalten aber auch gewisse Vergütungen und Privilegien. Die einzelnen Strommengen müssen daher korrekt gemessen und gemeldet werden. Zusätzlich werden für die Stromrechnungen an die Verbraucher korrekte Messdaten gefordert.

        Mithilfe des umgesetzten Messkonzeptes werden die Daten erhoben

        • die Betreiber benötigen, um ihren Melde- und Abrechnungspflichten nachzukommen
        • die für andere energiewirtschaftliche Stellen, wie etwa die Netzbetreiber, relevant sind.

        Das sind unter anderem:

        • Wie viel Strom die Stromerzeugungsanlagen (z.B. Photovoltaik, BHKW, …) erzeugen
        • Wie viel Strom in das öffentliche Netz eingespeist wird
        • Wie viel Strom ein dritter Abnehmer aus der Anlage bezieht
        • Wie viel Strom ein dritter Abnehmer aus dem öffentlichen Netz bezieht
        • Wie viel stromsteuerpflichtiger Strom geliefert wird

        Welche Daten gebraucht werden, ist von der Situation in der Kundenanlage abhängig und muss bei der Aufstellung des Messkonzepts ermittelt werden.

        Welchen Nutzen hat das Messkonzept für Anlagenbetreiber?

        Nur mithilfe eines richtig aufgestellten Messkonzeptes können Betreiber von Photovoltaikanlagen und anderen Stromerzeugern sicherstellen, dass sie allen ihren gesetzlichen Pflichten nachkommen können und die benötigten Daten korrekt erfasst werden. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn komplexere Anwendungsfälle vorliegen, z. B. gewerblicher Mieterstrom oder eine Kombination aus Eigenverbrauch und einer PV-Direktlieferung an weitere Verbraucher vor Ort.

        Darüber hinaus bietet das Messkonzept dem Anlagenbetreiber noch weitere Unterstützung, denn neben den gesetzlichen Anforderungen sind auch praktische Überlegungen zum Einbau der Stromzähler Teil des Messkonzeptes: Zählerplätze, also die Orte, an denen die Stromzähler installiert werden, müssen bestimmten Anforderungen entsprechen. So müssen die Stromzähler unter anderem gegen Feuchtigkeit, Verschmutzung und mechanische Beschädigung geschützt sein. Genaue Vorgaben dazu machen die Normen DIN 43870-1 und VDE 0603.

        Außerdem gelten die technischen Anschlussbedingungen (TAB) aus der „Verordnung über Allgemeine Bedingungen für den Netzanschluss und dessen Nutzung für die Elektrizitätsversorgung in Niederspannung“ sowie gegebenenfalls weitere Anforderungen des jeweiligen Netzbetreibers.

        Auch kaufmännische Entscheidungen können im Rahmen des Messkonzeptes getroffen werden, etwa eine sogenannte gewillkürte Vorrangregelung. Dabei wird festgelegt, dass der vor Ort erzeugte Strom vorrangig für die Eigenversorgung genutzt wird und weitere „Dritte“ Verbraucher vor Ort nur mit Strommengen versorgt werden, die für die Eigenversorgung nicht benötigt werden.

        Wie stellen Anlagenbetreiber ein Messkonzept auf?

        Betreiber von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien stellen das Messkonzept meist nicht komplett selbst auf. Stattdessen gibt es zum einen Standardmesskonzepte, die Anlagenbetreiber nutzen können. Zum anderen erhalten Betreiber oft Unterstützung von den Unternehmen, die an der Errichtung der Anlage beteiligt sind, etwa Installateuren oder Planungsbüros. Auch der Messstellenbetreiber kann bei der Auswahl eines passenden Messkonzeptes beraten. In der Praxis wird das Messkonzept in zwei Schritten erstellt.

        1. Messkonzept zur Vorlage beim ANB

        Das erste Messkonzept wird dem ANB zur Anmeldung der Stromerzeugungsanlage vorgelegt. Der Netzbetreiber prüft hier, ob das Messkonzept für die Anlage, die für den ANB relevanten Voraussetzungen erfüllt. Dabei wird unter anderem geprüft, ob die für die Einspeisevergütung relevante Strommenge korrekt erfasst werden können und ob der Netzbezug korrekt erfasst wird.

        Sind die Voraussetzungen erfüllt, sollte der ANB das Messkonzept genehmigen und die Stromerzeugungsanlage kann an das Netz angeschlossen werden.

        2. Detailliertes Messkonzept für die interne Abrechnung

        Das interne Messkonzept baut auf dem Messkonzept zur Vorlage beim ANB auf und stellt darüber hinaus deutlich detaillierter die Strommessungen innerhalb der Kundenanlage dar, etwa welche Verbraucher einzeln gemessen werden müssen und welche Zähler dafür benötigt werden.

        Darüber hinaus können Anlagenbetreiber mithilfe des Messkonzeptes klären, wo die benötigten Stromzähler verbaut werden können und ob dadurch eine zusätzliche elektrische Infrastruktur (neue Zählerplätze) angelegt werden muss, oder andere bauliche Maßnahmen getroffen werden müssen.

        Bei Standardmesskonzepten, wie etwa für die Volleinspeisung oder den Eigenverbrauch, gibt es in den meisten Fällen keinen Unterschied zwischen dem ersten Messkonzept, das dem ANB vorgelegt wird und jenem, das zur internen Umsetzung verwendet wird. Für Mieterstrom-Projekte mit mehreren Verbrauchern wird oftmals ein weitaus detaillierteres Messkonzept benötigt, das Zähler und Lieferungen innerhalb der Kundenanlage abbildet, die für den ANB wiederum irrelevant sind.

        Welche Messkonzepte gibt es?

        Für einige in der Praxis häufig auftretende Anwendungsfälle, etwa genau eine Stromerzeugungsanlage und genau ein Verbraucher, gibt es Standard-Messkonzepte, die Anlagenbetreibern als erste Orientierung dienen. Je nach Situation und Wissensstand können bzw. müssen Betreiber aber auch individuelle Messkonzepte erstellen.
        Unabhängig von den gesetzlichen Anforderungen können Betreiber noch weitere Stromzähler installieren, etwa um den Verbrauch einer bestimmten Maschine zu erfassen. Diese Stromzähler müssen nicht im Messkonzept aufgeführt werden.

        Standardmesskonzept

        Die Standardmesskonzepte bilden häufig auftretenden Messsituationen ab, etwa wenn nur eine Erzeugungsanlage, beispielsweise eine PV-Anlage, genutzt und der gesamte Strom ins öffentliche Netz eingespeist wird (MK Volleinspeisung). Diese Standardmesskonzepte wurden von Verbänden wie dem VBEW erstellt und meistens auf der Webseite des jeweiligen Anschlussnetzbetreibers bereitgestellt. Anlagenbetreiber sind jedoch nicht dazu verpflichtet, eines der Standardmesskonzepte umzusetzen, so lange sichergestellt ist, dass alle gesetzlichen Anforderungen auch mit dem individuellen Messkonzept erfüllt werden. Voraussetzung ist die Freigabe des jeweiligen Anschlussnetzbetreibers.

        Standardmesskonzepte gibt es unter anderem für die Situationen „Volleinspeisung“, „Eigenversorgung mit Überschusseinspeisung“, „Eigenversorgung mit Überschusseinspeisung und DC-Speicher an der Anlage“ und „Lieferung an einen Dritten mit Überschusseinspeisung“ (siehe Bilder 1 - 4).

        Messkonzept für das Betreibermodell „Volleinspeisung“
        Bild 1: Messkonzept für das Betreibermodell „Volleinspeisung“ ©node.energy
        Messkonzept für das Betreibermodell „Eigenversorgung mit Überschusseinspeisung“
        Bild 2: Messkonzept für das Betreibermodell „Eigenversorgung mit Überschusseinspeisung“ ©node.energy

        Messkonzept für das Betreibermodell „Eigenversorgung mit Überschusseinspeisung“

        Messkonzept für das Betreibermodell „Eigenversorgung mit Überschusseinspeisung und DC-Speicher an der Anlage“
        Bild 3: Messkonzept für das Betreibermodell „Eigenversorgung mit Überschusseinspeisung und DC-Speicher an der Anlage“ ©node.energy
        Messkonzept für das Betreibermodell  „Lieferung an einen Dritten mit Überschusseinspeisung“
        Bild 4: Messkonzept für das Betreibermodell  „Lieferung an einen Dritten mit Überschusseinspeisung“ ©node.energy

        Individuelle Messkonzepte

        Individuelle Messkonzepte werden meist in sehr komplexen Situationen benötigt, wenn ein Betreiber bestimmte Messsysteme verwenden möchte oder wenn das Messkonzept bereits auf zukünftige Änderungen in der Kundenanlage ausgelegt sein soll (z. Bsp.: eine weitere Anlage oder wechselnde Verbraucher).

        Statt der Nennung des Standardmesskonzeptes werden für die Vorlage beim ANB weitere erläuternde Unterlagen zur Darstellung des gewünschten individuellen Messkonzepts eingereicht.

        Tipp

        Übertragungsverluste

        Bei größeren Industriegebieten oder Wohngeländen liegen oft weite Strecken zwischen den einzelnen Stromzählern. Durch die Übertragung oder beim Durchfluss von Transformatoren entstehen Verluste. Diese sollten im Messkonzept, aber auch bei der Abrechnung bedacht und angegeben werden.

        Welche Aufgaben hat der Messstellenbetreiber?

        Im Auftrag des Anlagenbetreibers setzt der Messstellenbetreiber das Messkonzept um. In der Praxis erfolgt die Umsetzung unterschiedlich: In manchen Fällen beauftragt der MSB einen Elektriker, der beim Betreiber die benötigten Stromzähler einbaut, in anderen Fällen übernimmt dies der Elektriker, der mit dem Kunden zusammenarbeitet und die Stromzähler vom Messstellenbetreiber erhält.

        Die für die Installation der Stromzähler benötigte Infrastruktur, das bedeutet normgerechte Zählerplätze, müssen zuvor vom Betreiber aufgesetzt werden. Da der Messstellenbetreiber die Stromzähler bereitstellt, ist er dafür verantwortlich, dass diese geeicht sind, nicht manipuliert werden können und die Daten korrekt messen.

        Des Weiteren ist der MSB für den Betrieb der Messstelle zuständig. Das bedeutet, dass die gemessenen Stromdaten beim MSB zusammenlaufen, der diese an den Stromlieferanten, den Betreiber oder einen anderen berechtigten Empfänger und gegebenenfalls den Anschlussnetzbetreiber zur weiteren Verwendung weiterleitet.

        Wie finden Anlagenbetreiber einen Messstellenbetreiber?

        Bei den Messstellenbetreibern wird zwischen grundzuständigen Messstellenbetreibern (gMSB) und wettbewerblichen Messstellenbetreibern (wMSB) unterschieden.

        Grundzuständiger Messstellenbetreiber

        Für jedes Netzgebiet gibt es einen grundzuständigen Messstellenbetreiber. Da diese Aufgabe früher noch von den Anschlussnutzbetreibern (z. B. lokale Stadtwerke) übernommen wurde, sind die Messstellenbetreiber oft noch in räumlicher Nähe zu den ANB zu finden und können über diese auch erfragt werden.

        Dennoch handelt es sich hierbei um von den ANB unabhängige Unternehmen bzw. Rechtseinheiten. In vielen Fällen vermitteln auch die Installateure von Stromerzeugungsanlagen den Kontakt zum gMSB und/oder übernehmen die Kommunikation mit dem Messstellenbetreiber. Im Gegensatz zu den wettbewerblichen Messstellenbetreibern können die gMSB den Betrieb einer Messstelle nicht ablehnen.

        Wettbewerblicher Messstellenbetreiber

        Wettbewerbliche Messstellenbetreiber sind Unternehmen, die die Aufgabe der Messstellenbetreiber örtlich ungebunden, in der Regel bundesweit, übernehmen. Sie sind im Gegensatz zu den grundzuständigen Messstellenbetreiber nicht dazu verpflichtet, den Betrieb einer Messstelle zu übernehmen. Wettbewerbliche Messstellenbetreiber spezialisieren sich meist auf bestimmte Erzeuger-Verbraucher-Konstellationen (z. Bsp. Mieterstrom in Mietshäusern ab 50 Parteien) und übernehmen auch nur den Betrieb für Anlagen, die ihrem Angebot entsprechen.

        Die meisten wMSB bieten außerdem individuelle Messkonzepte an, die etwa intelligente Messsysteme nutzen oder bereits für Veränderungen in der Kundenanlage ausgelegt sind. In der Praxis ist der wettbewerbliche Messstellenbetreiber zudem zwischen dem Betreiber und dem zuständigen Anschlussnetzbetreiber zwischengeschaltet, übernimmt also die Abstimmung des Messkonzeptes mit dem ANB und berät den Anlagenbetreiber.

        Tipp

        Wettbewerbliche Messstellenbetreiber

        Bei komplexen oder individuell gestalteten Messkonzepten ist es sinnvoll, neben der Anfrage beim gMSB auch das Angebot eines wMSB einzuholen.

        Einige wettbewerbliche Messstellenbetreiber bieten spezielle Messkonzepte an, etwa mit ausschließlich intelligenten Stromzählern. Allerdings muss dabei bedacht werden, dass es in der Praxis durchaus etwas Zeit in Anspruch nehmen kann, den richtigen wMSB zu finden.

        Häufig gestellte Fragen

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