Messkonzepte für EE-Anlagen

geschrieben von
Paulina Würth
und

So setzen Sie Mieterstrom ganz einfach um!

Mehr erfahren

Erste Veröffentlichung am
7.4.23
aktualisiert am
27.3.24
Ein Stromzähler ist im Vordergrund zu sehen, dahinter angeschnitten eine Solaranlage.
© jonathansloane - Getty Images; node.energy
Inhalt

Bevor Photovoltaik- und andere EE-Anlagen an das Stromnetz angeschlossen werden dürfen, muss der Anlagenbetreiber das Messkonzept genehmigen lassen. Das gilt für alle Betreibermodelle, ist aber besonders essenziell für Mieterstrom und PPAs. Was ein Messkonzept ist und wie es erstellt wird, fasst dieser Artikel zusammen.

Was ist ein Messkonzept?

Ein Messkonzept ist eine grafische und textliche Darstellung der (Strom-) Erzeugungsanlagen, Abnehmer, Netzpunkte und Stromzähler innerhalb einer Kundenanlage. Folgende Informationen sind darin enthalten:

  • Typ und Anzahl der Erzeugungsanlagen
  • Anzahl der Abnehmer (die einen eigenen Stromzähler benötigen)
  • Anzahl der benötigten Stromzähler
  • Art der verwendeten Stromzähler
  • Ort, an dem die Stromzähler verbaut werden
  • Welche Stromflüsse die Stromzähler messen (eingehende, ausgehende oder beide)
  • Ob die Messdaten manuell oder digital ausgelesen und übertragen werden

Das Messkonzept enthält auch Informationen, die über die reine Datenerhebung hinausgehen. Etwa welche Art der Stromnutzung geplant ist, z. B. (gewerblicher) Mieterstrom, Eigenverbrauch oder Volleinspeisung. Außerdem ist im Messkonzept angegeben, wie die aus- und eingehenden Strommengen miteinander verrechnet werden (sogenannte „Bilanzierungsregeln“), denn hier können auch kaufmännische Entscheidungen der Anlagenbetreiber einbezogen werden (vgl. „Welchen Nutzen hat das Messkonzept für Anlagenbetreiber?“ ). Auch Sonderfälle, wie z. B. die Schätzung von Strommengen statt einer Messung, müssen im Messkonzept angegeben und erklärt werden.  

Warum muss ein Messkonzept aufgestellt werden?

Ohne die vorherige Genehmigung des passenden Messkonzepts durch den Anschlussnetzbetreiber (ANB) dürfen Stromerzeugungsanlagen, z. B. PV-Anlagen, nicht an das öffentliche Stromnetz angeschlossen werden. Denn für die erzeugten und verbrauchten Strommengen müssen Betreiber, laut EnWG und EEG, Abgaben, Umlagen und Steuern zahlen – erhalten aber auch gewisse Vergütungen und Privilegien. Die einzelnen Strommengen müssen daher korrekt gemessen und gemeldet werden. Zusätzlich werden für die Stromrechnungen an die Verbraucher korrekte Messdaten gefordert.

Mit Hilfe des umgesetzten Messkonzeptes werden die Daten erhoben,

  • die Betreiber benötigen, um ihren Melde- und Abrechnungspflichten nachzukommen
  • und die für andere energiewirtschaftliche Stellen, wie etwa die Netzbetreiber, relevant sind.  

Das sind unter anderem:

  • Wie viel Strom die Stromerzeugungsanlagen (z. B. Photovoltaik, BHKW, …) erzeugen.
  • Wie viel Strom in das öffentliche Netz eingespeist wird.
  • Wie viel Strom ein dritter Abnehmer aus der Anlage bezieht
  • Wie viel Strom ein dritter Abnehmer aus dem öffentlichen Netz bezieht
  • Wie viel stromsteuerpflichtiger Strom geliefert wird

Welche Daten gebraucht werden, ist von der Situation in der Kundenanlage abhängig und muss bei der Aufstellung des Messkonzepts ermittelt werden.

Welchen Nutzen hat das Messkonzept für Anlagenbetreiber?

Nur mithilfe eines richtig aufgestellten Messkonzeptes können Betreiber von Photovoltaikanlagen und anderen Stromerzeugern sicherstellen, dass sie allen ihren gesetzlichen Pflichten nachkommen können und die benötigten Daten korrekt erfasst werden. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn komplexere Anwendungsfälle vorliegen, z. B. bei Mieterstrom oder einer standortübergreifenden Eigenversorgung.

Darüber hinaus bietet das Messkonzept dem Anlagenbetreiber noch weitere Unterstützung, denn neben den gesetzlichen Anforderungen sind auch praktische Überlegungen zum Einbau der Stromzähler Teil des Messkonzeptes:  Zählerplätze, also die Orte, an denen die Stromzähler installiert werden, müssen bestimmten Anforderungen entsprechen. So müssen die Stromzähler unter anderem gegen Feuchtigkeit, Verschmutzung und mechanische Beschädigung geschützt sein. Genaue Vorgaben dazu machen die Normen DIN 43870-1 und VDE 0603. Außerdem gelten die technischen Anschlussbedingungen (TAB) aus der „Verordnung über Allgemeine Bedingungen für den Netzanschluss und dessen Nutzung für die Elektrizitätsversorgung in Niederspannung“ sowie gegebenenfalls weitere Anforderungen des jeweiligen Netzbetreibers.

Auch kaufmännische Entscheidungen können im Rahmen des Messkonzeptes getroffen werden, etwa eine sogenannte gewillkürte Vorrangregelung. Dabei wird festgelegt, dass der vor Ort erzeugte Strom vorrangig für die Eigenversorgung genutzt wird und weitere „Dritte“ Verbraucher vor Ort nur mit Strommengen versorgt werden, die für die Eigenversorgung nicht benötigt werden.

Wie stellen Anlagenbetreiber ein Messkonzept auf?

Betreiber von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien stellen das Messkonzept meist nicht komplett selbst auf. Stattdessen gibt es zum einen Standardmesskonzepte, die Anlagenbetreiber nutzen können. Zum anderen erhalten Betreiber oft Unterstützung von den Unternehmen, die an der Errichtung der Anlage beteiligt sind, etwa Installateuren oder Planungsbüros. Auch der Messstellenbetreiber kann bei der Auswahl eines passenden Messkonzeptes beraten. In der Praxis wird das Messkonzept in zwei Schritten erstellt.

1. Messkonzept zur Vorlage beim Anschlussnetzbetreiber (ANB)

Das erste Messkonzept wird dem Anschlussnetzbetreiber (ANB) zur Anmeldung der Stromerzeugungsanlage vorgelegt.

Der Netzbetreiber prüft hier, ob das Messkonzept für die Anlage, die für den ANB relevanten Voraussetzungen erfüllt. Dabei wird unter anderem geprüft, ob die für die Einspeisevergütung relevante Strommenge korrekt erfasst werden können und ob der Netzbezug korrekt erfasst wird.

Sind die Voraussetzungen erfüllt, sollte der ANB das Messkonzept genehmigen und die Stromerzeugungsanlage kann an das Netz angeschlossen werden.

2. Detailliertes Messkonzept zum Aufbau der Erzeugungsanlage

Das „interne Messkonzept“ baut auf dem Messkonzept zur Vorlage beim ANB auf und stellt darüber hinaus deutlich detaillierter die Strommessungen innerhalb der Kundenanlage dar, etwa welche Verbraucher einzeln gemessen werden müssen und welche Zähler dafür benötigt werden.

Darüber hinaus können Anlagenbetreiber mithilfe des Messkonzeptes klären, wo die benötigten Stromzähler verbaut werden können und ob dadurch eine zusätzliche elektrische Infrastruktur (neue Zählerplätze) angelegt werden muss oder andere bauliche Maßnahmen getroffen werden müssen.  

Bei Standardmesskonzepten, wie etwa für die Volleinspeisung oder den Eigenverbrauch, gibt es in den meisten Fällen keinen Unterschied zwischen dem ersten Messkonzept, das dem ANB vorgelegt wird und jenem, das zur internen Umsetzung verwendet wird. Für die PV-Direktlieferung oder den geförderten Mieterstrom mit mehreren Verbrauchern wird meist ein weitaus detaillierteres Messkonzept benötigt, das Zähler und Lieferungen innerhalb der Kundenanlage abbildet, die für den ANB wiederum irrelevant sind.

Welche Messkonzepte gibt es?

Für einige in der Praxis häufig auftretende Anwendungsfälle, etwa genau eine Stromerzeugungsanlage und genau ein Verbraucher, gibt es Standard-Messkonzepte, die Anlagenbetreibern als erste Orientierung dienen.  Je nach Situation und Wissensstand können bzw. müssen Betreiber aber auch individuelle Messkonzepte erstellen.

Unabhängig von den gesetzlichen Anforderungen können Betreiber noch weitere Stromzähler installieren, etwa um den Verbrauch einer bestimmten Maschine zu erfassen. Diese Stromzähler müssen nicht im Messkonzept aufgeführt werden.

Standardmesskonzept

Die Standardmesskonzepte bilden häufig auftretende Messsituationen ab, etwa wenn nur eine Erzeugungsanlage, beispielsweise eine PV-Anlage, genutzt und der gesamte Strom ins öffentliche Netz eingespeist wird (siehe „Messkonzept Volleinspeisung“). Diese Standardmesskonzepte werden meistens auf der Webseite des jeweiligen Anschlussnetzbetreibers oder auch von Verbänden wie dem VBEW bereitgestellt.

Anlagenbetreiber sind jedoch nicht dazu verpflichtet, eines der Standardmesskonzepte umzusetzen, so lange sichergestellt ist, dass alle gesetzlichen Anforderungen auch mit dem individuellen Messkonzept erfüllt werden. Voraussetzung ist die Freigabe des jeweiligen Anschlussnetzbetreibers.

Standardmesskonzepte gibt es unter anderem für die Situationen „Volleinspeisung“, „Eigenversorgung mit Überschusseinspeisung“, „Überschusseinspeisung mit DC-Speicher an der Anlage“ und „Lieferung an einen Dritten mit Überschusseinspeisung“ (siehe Bilder 1 -4).

Bild 1: Messkonzept für das Betreibermodell „Volleinspeisung“ © node.energy
Bild 2: Messkonzept für das Betreibermodell „Eigenversorgung mit Überschusseinspeisung“ © node.energy
Bild 3: Messkonzept für das Betreibermodell „Eigenversorgung mit Überschusseinspeisung und DC-Speicher an der Anlage“ © node.energy
Bild 4: Messkonzept für das Betreibermodell  „Lieferung an einen Dritten mit Überschusseinspeisung“ © node.energy

Individuelle Messkonzepte

Individuelle Messkonzepte werden meist in sehr komplexen Situationen benötigt, wenn ein Betreiber bestimmte Messsysteme verwenden möchte oder wenn das Messkonzept bereits auf zukünftige Änderungen in der Kundenanlage ausgelegt sein soll (z. Bsp.: eine weitere Anlage oder wechselnde Verbraucher). Statt der Nennung des Standardmesskonzeptes werden für die Vorlage beim ANB weitere erläuternde Unterlagen zur Darstellung des gewünschten individuellen Messkonzepts eingereicht.

Bullets List{{blog-section="/blog-custom-sections/230407-gw-messkonzept-tipp-1"}}

Spezielle Messkonzepte

Die Bundesregierung hat zwei Modelle im GNDEW, EnwG und EEG verankert, die die Realisierung  von Messkonzepten für PV-Geschäftsmodelle erleichtern:

1. Virtuelles Summenzählermodell

Das virtuelle Summenzählermodell ist eine Option für Betreiber, die ihren Mietern eine Vollversorgung im Modell Mieterstrom anbieten. In einem Mehrparteiengebäude zum Beispiel, bei dem jede Partei über einen eigenen Stromzähler verfügt, können sich Betreiber auf das Messkonzept „virtuelles Summenzählermodell“ beziehen. Das ermöglicht es ihnen, den gemessenen Verbrauch der einzelnen Stromzähler zu addieren, sodass sie keinen zusätzlichen Stromzähler am Netzverknüpfungspunkt installieren müssen, der den gesamten Strombezug messen würde.  

Darstellung eines Messkonzeptes für das Modell "Virtueller Summenzähler":
Beim virtuellen Summenzählermodell wird kein zusätzlicher Zähler am Netzverknüpfungspunkt benötigt. Stattdessen werden die Ströme der einzelnen Verbraucher und Erzeuger miteinander verrechnet.

2. Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung

Mit dem Solarpaket 1 wird voraussichtlich im Laufe des Jahres 2024 ein neues Modell für Mieterstrombetreiber eingeführt: die „Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“. Damit wird ein Modell definiert, das dem Mieterstrom mit Teilversorgung und dem dafür benötigten Messkonzept einen gesetzlichen Rahmen verleiht. Berufen sich Anlagenbetreiber auf die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung wird es damit leichter, ein dazu passendes Messkonzept mit dem Messstellenbetreiber abzustimmen.

Darstellung eines Messkonzeptes für das Modell "Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung".
Bei der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung werden beiden Verbrauchern der Bezug aus dem Netz und aus der PV-Anlage 15-Minuten-genaugemessen.

Mieterstrom auf Gewerbeimmobilien einfach umsetzen

Schöpfen Sie Potenziale Ihrer PV-Anlage in Industrie und Gewerbe optimal aus: Von der Planung über die Realisierung bis zur Abrechnung.

Häufig gestellte Fragen

No items found.
No items found.