Teilversorger oder Vollversorger – das müssen Mieterstromanbieter dazu wissen

geschrieben von
Paulina Würth
und

Mieterstrom einfach machen mit opti.node!

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Erste Veröffentlichung am
12.5.23
aktualisiert am
27.3.24
Solaranlagen auf einem Industriegebäude bei Sonnenaufgang
© WichienTep – Getty Images
Inhalt

Sie sind Immobilienbesitzer und haben sich dazu entschlossen, Ihre Mieter mit nachhaltigem und verlässlich günstigem Strom vom eigenen Dach zu versorgen? Dann sind Sie hier genau richtig. In diesem Artikel beantworten wir eine der wichtigsten Fragen zum Betreibermodell Mieterstrom: Vollversorgung oder Teilversorgung?

Begriffserklärung

Vollversorgung

Bei der Vollversorgung beliefern Sie Ihre Mieter nicht nur mit Solarstrom; Sie übernehmen die gesamte Rolle des Stromversorgers. Dafür schließen Sie einen Stromvertrag mit einem Energieversorger ab. Über diesen beziehen Ihre Mieter Strom aus dem Netz (zum Beispiel nachts). Diesen sogenannten Reststrom stellen Sie, wie auch den bezogenen Solarstrom, Ihren Mietern in Rechnung.

Teilversorgung / PV-only

Teilversorgung, auch PV-only genannt, bedeutet, dass Sie Ihren Mietern nur den Strom aus Ihren Solaranlagen liefern. Den Reststrom beziehen Ihre Mieter von einem weiteren Energieversorger, mit dem sie einen zusätzlichen Stromvertrag abgeschlossen haben.  

Das Bild zeigt, dass bei der Teilversorgung der Mieter Strom von seinem Vermieter und aus dem Netz bezieht. Bei der Teilversorgung bezieht der Mieter Strom von seinem Vermieter und einem herkömmlichen Energieversorger. Bei der Vollversorgung bezieht der Mieter seinen kompletten Strombedarf über den Vermieter.. Bei der Vollversorgung bezieht der Mieter seinen kompletten Strombedarf über den Vermieter.
Bei der Teilversorgung bezieht der Mieter Strom von seinem Vermieter und einem herkömmlichen Energieversorger. Bei der Vollversorgung bezieht der Mieter seinen kompletten Strombedarf über den Vermieter. © node.energy

Mieterstrom als Vollversorger: Vorteile und Risiken

Die Vollversorgung lohnt sich besonders, wenn Sie die Attraktivität einer Immobilie mit mehreren Mietern steigern möchten. Denn der Strom für Ihre Mieter wird dadurch doppelt günstig: zum einen können Sie den Solarstrom günstiger als Netzstrom anbieten, da die Erzeugungskosten bei 6 ct/kWh (vgl.: Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland – Fraunhofer ISE) liegen und keine Netzgebühren fällig werden. Zum anderen kann meist auch der restliche Strom aus dem Netz günstiger bezogen werden. Denn da Sie für alle Ihre Mieter einen einzigen Stromvertrag abschließen, fällt die Grundgebühr nur einmal an und kann auf alle Mieter aufgeteilt werden.

Gerade bei gewerblichen Mietern mit höheren Stromverbräuchen, die Sie auch noch bündeln, können Sie zusätzlich günstigere Konditionen für Ihre Abnehmer aushandeln. Ein insgesamt günstigerer Strompreis, der außerdem teilweise aus den dacheigenen Solaranlagen gespeist wird, steigert die Attraktivität Ihrer Immobilie enorm.

Ein weiterer Vorteil: Das Messkonzept, das Sie mit Ihrem grundzuständigen Messstellenbetreiber und Ihrem Anschlussnetzbetreiber abstimmen müssen, entspricht einem der Standardmesskonzepte. Denn nach außen treten Sie als der einzige Abnehmer auf. Intern sorgen Sie mit eigenen Stromzählern dafür, dass der Stromverbrauch gegenüber jedem Mieter richtig abgerechnet wird. Damit sind Sie grundsätzlich auch flexibler bei einem Mieterwechsel, oder wenn ein Mieter beschließt, aus der Vollversorgung auszusteigen. Die vollständige Fremdversorgung einzelner Mieter ist immer möglich.

Alle Risiken, die durch eine Vollversorgung entstehen, können mit der richtigen Strategie negiert oder mindestens verringert werden. Bei der Vollversorgung kaufen Sie den Reststrom für Ihre Mieter und rechnen diesen dann jährlich oder monatlich ab. Gerade in einem Jahr wie 2022, in dem die Strompreise unerwartet um ein Vielfaches angestiegen sind, fürchten Anlagenbetreiber um den Verlust dieser Vorauszahlung, wenn ihre Kunden nicht mehr zahlen können oder wollen.

Mit einer monatlichen Abrechnung oder Abschlagszahlungen bei einer jährlichen Abrechnung können Sie diesen Verlust minimieren. Da Sie gleichzeitig auch Vermieter Ihres Abnehmers sind, haben Sie einen weiteren Hebel, um hier Ihre Rechte durchzusetzen.

Auch sollten Sie bedenken, dass Ihre Mieter frei in der Wahl ihres Stromversorgers sind. Eine offene Kommunikation mit Ihren Abnehmern über Preisvorstellungen und ihre Zahlungsbereitschaft ist deshalb zu empfehlen. Dabei gilt, je mehr an der Vollversorgung teilnehmen, desto günstiger wird der Strom für jeden Abnehmer, da die nur einmal zu bezahlende Grundgebühr auf alle umgelegt werden kann und Sie als Stromeinkäufer mehr Handlungsspielraum bei Strompreisverhandlungen haben.

Ein weiteres Risiko, dessen Sie sich frühzeitig bewusst sein sollten, ist der Verlust Ihres Gewerbesteuerprivilegs: Als Immobilienunternehmen zahlen Sie nur eine gekürzte Gewerbesteuer auf Mieteinnahmen. Diese Kürzungsrecht können Sie aber verlieren, wenn Sie zusätzliche Gewinne aus Nicht-Miteinnahmen erwirtschaften.

Zum Glück gilt für Einnahmen aus Mieterstrom, dass Sie Ihr Gewerbesteuerprivileg behalten, solange die Stromeinnahmen 10 % der Mieteinnahmen nicht übersteigen. Haben Sie die Abwicklung des Mieterstroms an ein anderes Unternehmen oder eine Tochterfirma übergeben, sind Sie davon nicht betroffen.

Mieterstrom mit Vollversorgung in der Praxis umgesetzt

Anhand eines Praxisbeispiels möchten wir Ihnen zeigen, wie die Vollversorgung umgesetzt wird und welche Punkte der Vermieter und Anlagenbetreiber dabei beachten muss.

In einem fiktiven Bürogebäude sind mehrere unterschiedliche Unternehmen eingemietet, zusätzlich gibt es einige kleine Läden im Erdgeschoss. Der Immobilienbesitzer und Anlagenbetreiber hat sich von Anfang an für das Modell Vollversorgung entschieden. Da die Mieter über „normale“ Versorgerverträge verfügten und die Stromkosten für alle Abnehmer sanken, dank dem günstigen Solarstrom und den besseren Konditionen für den Reststrom, stimmten alle Mieter einer Vollversorgung durch ihren Vermieter zu.

Im Messkonzept wird festgelegt, dass alle Verbraucher und die PV-Anlage einen eigenen Zähler erhalten. Die Zähler werden vom Anlagenbetreiber verwaltet, der dafür einen wettbewerblichen Messstellenbetreiber (wMSB) beauftragt hat. Bei diesem Ansatz empfiehlt es sich auch, den Zähler am Netzverknüpfungspunkt (NVP) beim wettbewerblichen Messstellenbetreiber in die Messstellendienstleistung zu legen.

In diesem Modell ist ein Mieterwechsel kein Problem, auch neue Mieter, die nicht an der Vollversorgung teilnehmen, können fremdversorgt werden. Dabei werden die Zähler entsprechend "in den Markt" gemeldet und der Stromversorger des Mieters erhält die Daten über den wMSB. Am NVP wird dieser Verbrauch entsprechend für den Netzbezug der teilnehmenden Mieter rausgerechnet. Da es sich bei diesem Messkonzept für den Anschlussnetzbetreiber um ein Standardmesskonzept handelt, ist die Genehmigung kein Problem.

Beispielmesskonzept für ein Gebäude mit mehreren Mietern die im Modell Vollversorgung ihren Strom beziehen.
Beispielmesskonzept für ein Gebäude mit mehreren Mietern, die im Modell Vollversorgung ihren Strom beziehen. © node.energy

Da der Vermieter auf der Abrechnung nicht nur den Solarstrom, sondern auch den weitergeleiteten Netzstrom auflisten muss, nutzt er die Software opti.node. Damit erhält er auf Knopfdruck rechtskonforme Abrechnungen für jeden seiner Mieter.

Mieterstrom als Teilversorger: Vorteile und Risiken

Im Gegensatz zur Vollversorgung liefern Sie im Modell „Teilversorgung/PV-only“ nur den Strom aus Ihren Solaranlagen an Ihre Mieter und rechnen auch nur diesen ab. Ihre Mieter schließen eigene Stromverträge für den Reststrom ab. Für Sie als Anlagenbetreiber sinkt damit im Betrieb der Arbeitsaufwand und das Kostenrisiko.

Da Sie den Reststrom mit Netzbezug in diesem Modell nicht an Ihre Mieter verkaufen, ist es recht unwahrscheinlich über die 10 %-Hürde für Nicht-Mieteinnahmen zu gelangen. Ihr Gewerbesteuerprivileg ist also sicher. Besonders bei einem einzelnen Mieter ist PV-only der Standard im Modell „Mieterstrom“. Bei einem einzelnen Mieter greifen keine der finanziellen Vorteile aus einer Vollversorgung und auch das Messkonzept kann problemlos mit den Anschlussnetzbetreibern (ANB) abgestimmt werden.

Denn eine Herausforderung, bei der wir unsere Kunden oft unterstützen, ist die Umsetzung des Messkonzeptes für Teilversorgung in einer Liegenschaft mit mehreren Mietern. Da hier jeder Mieter einzeln mit Reststrom beliefert wird, müssen sie von den Messstellenbetreibern einzeln erfasst werden und von den Anschlussnetzbetreibern einzeln bilanziert werden. Das wäre an sich kein Problem, wenn es sich um eine gewöhnliche Belieferung mit Netzstrom handeln würde. Im Fall PV-only müssen die Anschlussnetzbetreiber aber den Solarstrom aus dem Gesamtverbrauch rausrechnen.

Für viele grundzuständige Messstellenbetreiber (gMSBs) und Anschlussnetzbetreiber ist es ein Problem, den Solarstrom dabei zu berücksichtigen und dem Anlagenbetreiber die verbrauchten Mengen an Solarstrom mitzuteilen. In der Konsequenz lehnen die meisten gMSBs und ANBs die PV-only-Messkonzepte von vornherein ab.

Mit einem wettbewerblichen Messstellenbetreiber als Partner und der Unterstützung von Dritten, wie node.energy, ist es möglich, Anschlussnetzbetreiber in einigen Fällen vom PV-only-Messkonzept zu überzeugen. Dennoch sollten Anlagenbetreiber immer die Vollversorgung als zweite Option in Betracht ziehen.

Mieterstrom mit Teilversorgung in der Praxis umgesetzt

In diesem Beispiel stellen wir ihnen ein fiktives Projekt vor, in dem PV-only erfolgreich umgesetzt wurde. Bei der Immobilie handelt es sich um ein gewerblich genutztes Gebäude, in dem ein Geschäft einer großen Kette, ein kleiner Laden und mehrere Büros vermietet werden. Der Immobilienbesitzer beliefert alle Mieter mit PV-Strom, so lohnt es sich für ihn, das komplette Dach mit Solaranalgen zu belegen.

Da insbesondere das größere Geschäft über einen eigenen Stromvertrag mit Sonderkonditionen verfügt, war eine Vollversorgung dieses Mieters von Anfang an ausgeschlossen. Auch die anderen Mieter waren mit einer Teilversorgung einverstanden. Die Verteilung wird in der Bilanzierungsformel festgehalten: der Netzstrom wird normiert entlang des Gesamtverbrauchs auf den Verbrauchsanteil der einzelnen Mieter verteilt. Der restliche Bedarf wurde dann im Umkehrschluss von der PV-Anlage geliefert.

Daraus ergibt sich auch das Messkonzept für diese Anlage: Jeder Verbraucher, als auch die Anlage und der Netzverknüpfungspunkt erhalten einen eigenen Stromzähler der RLM-Messungen vornimmt. Dabei arbeitet der Anlagenbetreiber mit einem wettbewerblichen Messstellenbetreiber zusammen, der den Einbau der Zähler und den Datentransfer zur Verfügung stellt. Aufgrund der teureren RLM-Zähler steigen die Messkosten in diesem Projekt. Im Ganzen rechnet es sich aber, sowohl für den Vermieter/Anlagenbetreiber, als auch die Mieter/Stromabnehmer, da ein Teil des Verbrauchs von dem günstigen und grünen Solarstrom gedeckt wird.  

Beispielmesskonzept für ein Gebäude mit mehreren Mietern die im Modell Teilversorgung den Solarstrom von ihrem Mieter beziehen und den Reststrom aus dem Netz.
Beispielmesskonzept für ein Gebäude mit mehreren Mietern, die im Modell Teilversorgung den Solarstrom von ihrem Mieter beziehen und den Reststrom aus dem Netz. © node.energy

Vollversorger oder Teilversorger – Was ist die richtige Rolle für Sie?

Haben Sie nur einen einzigen Mieter, den Sie mit Solarstrom beleifern möchten, unabhängig davon, ob es in der Liegenschaft mehrere Mieter gibt, ist PV-only die richtige Wahl. Bei mehreren Mietern und besonders in der Wohnungswirtschaft kann das Modell Vollversorgung die Attraktivität Ihrer Immobilie enorm steigern, da es viele finanzielle Vorteile für Ihre Mieter enthält.

Allerdings kann eine pauschale Aussage nie auf alle zutreffen und es sollten im individuellen Fall immer die Vor- und Nachteile beider Modelle gegenübergestellt werden. Eine offene Kommunikation mit Ihren Abnehmern ist dabei auf jeden Fall ratsam, um Überraschungen zu vermeiden.

Ob Vollversorger oder Teilversorger – das müssen Sie beachten

Stromzähler

Informieren Sie sich, welche Stromzähler im Rahmen der beiden Modelle verwendet werden müssen. Diese Information hilft Ihnen auch zu ermitteln, ob sich eine Vollversorgung oder PV-only für Sie rechnet. Ziehen Sie auch smarte Stromzähler mit Fernauslesbarkeit in Betracht, insbesondere wenn Sie die Zähler Ihrer Mieter selbst verwalten. Damit werden Ihnen die Daten zugesandt und Sie müssen die Verbräuche nicht händisch auslesen.

Vertrag

Ob Vollversorgung oder PV-only, einen Stromvertrag sollten Sie auf jeden Fall schriftlich aufsetzen. Damit regeln Sie nicht nur die Anforderungen für beide Seite des Lieferverhältnissen, Sie können auch bereits festhalten, was in Ausnahmesituationen passiert.

Abrechnung

Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass Ihre Stromabnehmer von Ihnen eine Abrechnung erhalten, mindestens einmal im Jahr. In den meisten Fällen wird monatlich abgerechnet. Es gibt gesetzliche Anforderungen, die an eine Stromabrechnung gestellt werden, wie eine Auflistung der Kosten, verständliche Sprache und Angabe der Rechte des Stromabnehmers.

In der Vollversorgung müssen Sie hier auch den weitergeleiteten Netzstrom angeben, und zwar aufgeteilt in die einzelnen Kostenteile, wie etwa Arbeitskosten, Netzweiterleitungskosten und Umlagen.

Mit opti.node mühelos zum Ziel

Ob Vollversorgung oder Teilversorgung, in jedem Fall machen Sie sich das Leben leichter mit opti.node! Mit unserer Software erstellen Sie gültige Abrechnungen per Knopfdruck, erfüllen gesetzliche Meldepflichten mühelos (und werden daran erinnert) und verwalten alle Ihre Verträge, Objekte, Anlagen und Verbraucher an einem Ort. Dank vieler integrierter Schnittstellen zu Untermesssystemen empfängt, visualisiert und bilanziert die Software Ihre Zählerdaten, so dass Sie stets den Überblick über Ihr Stromgeschäft behalten.

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